Die Geschichte

zum Rezept


Jubilee Pudding


Alles Pudding, oder was?

"What's for pudding?"

(Englisches Sprichwort)

Als Kaiserinnen-, pardon: Königinnenschmarrn ist mein Jubilee-Dessert für die Queen ein richtiger Pudding. Er würde die Aufnahmeprüfung in die Pudding Academy mit Bravour schaffen. Er enthält Eier, wird mit Eischnee aufgelockert, anschließend in einer gebutterten Form gebacken und warm serviert. Das einzige, was ihn aus der Pudding-Genealogie ein wenig ausscheren lässt, ist der Umstand, dass ich ihn zwar im Ofen backe, aber nicht im Wasserbad. Das wäre, streng genommen, das dritte wesentliche Element eines originären Puddings.

Was wir im deutschen Sprachraum etwa seit den 1930er Jahren Pudding nennen, ist eigentlich ein Flammeri. Da hat Dr. Oetker damals vielleicht was durcheinander gebracht. Aber geschenkt! 

"Kinder, es gibt Flammeri!"

Dr. Oetker Faltblatt mit Rezepten

1950er Jahre


Warum eigentlich hält die Dame so eigentümlich ein Schneuztüchlein ins Bild? Oder ist das ein Küchentuch? Oder gar: ein Pudding-Kochtuch? Es ist. Ist es nicht?!

Ein klitzekleiner Wink Richtung Puddinggeschichte. Ursprünglich wurden Puddings, die sich so nennen durften, im Tuch gegart. Insofern ist der Serviettenkloß ein Exempel für Puddings etwa aus der Zeit bis ins 19. Jahrhundert. Ein Pudding bestand bis dato in der Regel aus einem Teig mit geschnittenem alten Brot, Eiern, Mehl und ein bisschen pipapo, wurde dann in ein Tuch gewickelt, im Wasserbad gekocht, anschließend in Scheiben geschnitten und warm serviert. Mit oder ohne Sauce. Manchmal auch in Scheiben geschnitten und in Schmalz kross gebraten. Ja, wirklich: der Serviettenknödel kommt aus dieser Ecke! Und ist insofern die Frühform dessen, was einst unter einem anständigen Pudding verstanden wurde.

Serviettenkloß in Aktion


Bevor man jedoch auf die Idee verfiel, Küchentücher zu verwenden, musste viele Jahrhunderte lang etwas anderes dafür sorgen, beim Pudding zusammenzuhalten, was zusammengehört:

Magen oder Darm. Sie wurden gesäubert und mit Teigen aus Fleisch, Speck, Brotwürfeln, Eiern, Mehl, Gewürzen und Kräutern gefüllt, dann zugebunden und in kochendem Wasser gegart. Nahm man statt Fleisch Blut, hatte man am Ende eine Blutwurst. Sie und der schottische Haggis und der Saumagen - sie alle sind Puddings im klassischen Sinne.

 

Früheste Belege dafür, dass solche festlichen Speisen (es gab sie ja nur zu den Schlachttagen, im Winter) "Pudding" genannt wurden, gibt es beispielsweise aus dem Jahr 1305 aus England. In Frankreich kannte man die Zubereitungsart damals auch schon. Dort hieß sie boudin. Ich teile die Ansicht, dass das Wort Pudding womöglich hier seinen Ursprung hat.

Stilllife mit Boudin (Blutwurst)

Italien, 17. Jh.


Seit den 1930er Jahren heißen mit

Speisestärke gebundene Desserts

im Deutschen "Pudding"

Kochbuch der Mondamin Gesellschaft

Berlin, um 1920


Im Grunde ist die Sache ganz einfach: Was heute Pudding heißt, ist eigentlich ein Flammeri. Der echte Pudding ist bei genauer Betrachtung hingegen eher eine Art Biskuit. Er wird mit Eigelb, Milch oder Sahne, geschlagenem Eiweiß und Mehl zubereitet und ist mit der Blutwurst und dem Serviettenkloß verwandt. Auch mit dem schottischen Haggis und dem pfälzischen Saumagen - sofern es ein pikanter Pudding ist.

Damit es nicht zu übersichtlich wird, betritt nun noch ein Pudding-Kumpan die Bühne:

Bis etwa ins 18., frühe 19. Jahrhundert hielt sich die Mode, Puddings in Tüchern zu garen. Dann kamen mehr und mehr Puddingformen mit Deckel in Gebrauch, die man ins Wasserbad stellen konnte. Diese Puddings nennt man heute noch im Österreichischen "Koch".


Ein Muss im echten Pudding:

Eiklar ("4 Klar"):


Weil Appetit höchst kreativ macht, kann es in der Welt der Küche natürlich schwerlich bei strengen Zuweisungen bleiben. Boudin, Koch, Pudding, Flammeri - was soll's!

Nachdem ab Mitte des 19. Jahrhunderts mehr und mehr geschlossene Herde auf den Markt kamen, konnte es nicht ausbleiben, dass Köchinnen und Köche sich überlegten: Warum sollte ich den "Koch" eigentlich nicht mal im Ofen garen? So ganz ohne Gedöns mit Wasserbad?

 

So wurde aus dem "Koch", der eigentlich ein Pudding ist, der sogenannte "gebackene Koch". Und der wiederum hatte schon viel Ähnlichkeit mit einem Soufflé. Oder mit dem Kaiserinnenschmarrn, wie er für Kaiserin Elisabeth gebacken wurde. Und am Ende natürlich, ganz klar: mit meinem Königinnenschmarrn.

Nun versteht ihr sicher, weshalb ich gar keine andere Wahl hatte, als den Kaiserinnenschmarrn der Elisabeth zum Königinnenschmarrn für Elizabeth umzukreieren. Und als Jubilee Pudding unters Volk zu bringen!

"The proof of the pudding

is in the eating."

(Englisches Sprichwort)


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