Die Geschichte

zum Rezept


Sisis Kaiserschmarrn


Der Schmarrn, der keiner ist!

Sieht so ein Kaiserschmarrn aus? Nicht, wenn man an Hüttengaudi denkt! Aber der echte, wahre, richtige Kaiserschmarrn - gibt es den überhaupt?

 

Sagen wir so: Er hat jede Menge Doppelgänger. Und den ein oder anderen Vorfahren, der tatsächlich in direkter Linie zu der Sorte Kaiserschmarrn führt, der den Titel "Kaiser" oder "Kaiserin" führen darf.

 

Der Kaiserinnenschmarrn aus dem Rezept der Elisabeth Neumann (Ende des 19. Jahrhunderts aus Bad Ischl) zeigt, welche Umwege und Abzweigungen die Kaiserschmarrn-Genealogie genommen hat.

 

Zunächst einmal: Es gibt zwei Kaiserschmarrn-Familien. Die eine mit - und die andere ohne geschlagenes Eiweiß. Letztere entstammt dem bäuerlichen Bereich, der Tradition der Kaserhütten - ist in der Regel ein Pfannkuchenteig, der in einer Pfanne überm offenen Feuer gebacken und dann in mundgerechte Stücke gerissen wurde.

Erstere entstammt der aristokratischen Sphäre, später der großbürgerlich-bürgerlichen, ist mit dem Schaumomelette verwandt und zeichnet sich durch die Verwendung von geschlagenem Eiweiß aus.

 

Eiweiß zu schlagen, war bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts eine mühsame, zeitraubende Tätigkeit. Und da Zeit auch früher schon Geld bedeutete, konnte sich diesen Zeitaufwand nur eine begüterte Klientel leisten. Nur in Hofküchen und großbürgerlichen Haushaltungen war es möglich, einen Küchenjungen oder ein Küchenmädchen ein paar Stunden lang damit zu beschäftigen, Eiweiß mit einer Gabel oder einer kleinen Schneerute aus Birkenreißern zu Schnee aufzuschlagen.

Ab etwa 1870 kam aus den USA die Erfindung des mechanischen Handmixers auch nach Europa. Nun wurden Rezepte mit geschlagenem Eiweiß populärer - sie finden sich um 1880 vermehrt auch in Hof-Kochbüchern. In der Folge kamen Schaumomelettes und Soufflés verbreitet in Mode.

 

Gleiches geschah mit dem Rahm - der geschlagenen Sahne. Man nannte sie "Rahm-Schnee". Ihr könnt euch nun vorstellen, welchen Eindruck Rezepte machten, die beides miteinander kombinierten: "Rahm-Schnee" und "Schnee" - geschlagene Sahne und geschlagenes Eiweiß!

 

Der Sisi-Kaiserschmarrn ist also ein typisches Trendgericht dieser Epoche. Sozusagen der Signature Dish der Belle Époque. Verschwippschwägert mit dem Schaumomelette und dem Soufflé. Mit einem Bein in der Tradition der Puddinggerichte stehend, die früher im oberdeutschen Raum als "Koch" bezeichnet wurden: im Rohr gegart, bei geringer Hitze (entweder im Wasserbad oder in einer Reine).

 

Deshalb ist die Konsistenz dieses Schmarrns einer Lady würdig: zart, luftig, elegant!


Bildnis der Kaiserin (postum)

von Leopold Horowitz, 1899.


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