Das Ding aus

einer anderen Zeit:

Der Hühnerbeinhalter


Zlatko Puntijar und der Hühnerbeinhalter

Der Hühnerbeinhalter ist mit dem Messerbänkchen und der Vorlegegabel verwandt. Zu seinen ältesten Vorfahren zählen auch die Serviette mit Serviettenring oder Serviettentasche, auch findet sich ein Familienmitglied aus einer Seitenlinie in der Neuen Welt: der berühmte silberne Telefonwähler, den Holly Golightly bei Tiffany letztlich dann doch nicht ersteht.

 

All diese Gegenstände eint das Familiennarrativ, dass feine Herkunft und Sitten sich darin ausdrücken, eine gewisse Distance zu den profanen Verrichtungen des Lebens einzunehmen. Also nicht mehr direkt ins Tischtuch zu schneuzen, wie das noch die Ritter Rosts zu tun pflegten, oder sich nicht ein und dasselbe Schneuztuch mit der ganzen Sippschaft zu teilen, wie das lange Zeit üblich war, sondern je eines für sich zu benutzen (pardon, im Prozess der Zivilisation lernten die Leute, nicht mehr ins Tischtuch zu schneuzen, sondern sich damit nur den Mund abzutupfen), oder nicht mit einem Löffel gemeinsam aus einer Schüssel zu essen, oder sich eben nicht die fesch lackierten Fingernägel an der Wählscheibe des Telefons abzusplittern. Ja - und eben fettiges, köstliches Geflügel nicht mehr mit den Fingern zu essen.

 

Zwischen Mund und Geflügelbein schob sich nicht nur die Hand, sondern auch dieser elegante Schraubstock. Leider erwies er sich dann als doch in etwa so alltagstauglich wie der elektrische Eierkocher oder der Römertopf. Er verschwand in der Versenkung. Zu bewundern ist das Prachtexemplar exaltierter Tischkultur im Kochbuchmuseum Puntijar in Zagreb.


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